Historismus Architektur
Baustil und Architektur im Historismus
Altes Reichstagsgebäude in Berlin
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Der Reichstag in Berlin heute
- Eingang |
Historismus (und Eklektizismus bis Gründerzeit)
nach dem Klassizismus |
1770 - 1840:
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Historismus |
1840
- 1900 |
"imitiert" die Stile Romanik, Gotik, Renaissance,
Barock, Rokoko (Wiederaufnahme der Stilelemente als "Neo-Stile)
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Stile des Historismus |
Zeit |
Beispiel |
Neorenaissance |
1810-1900 |
Schulen, Theater, Museen,
Gebäude der Ringstr. in Wien |
Neogotik |
1850-1900 |
Nicolaikirche Hamburg (1845) |
Neobarock |
1860-1920 |
Banken, Justizgebäude Luxusvillen,
Kirchen - zum Beispiel Berliner Dom, Reichstag Berlin |
Jugendstil |
Beginn um 1900 |
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Architektur des Historismus
Einerseits gab es im Historismus durch die Industrialisierung
- schnelles Wachsen der Städte und neue Erfindungen und technische
Entwicklungen - neue Bedürfnisse und Funktionen, anderseits
wollte man an vergangenen Kultur- und Stilepochen und deren Schmuckformen
festhalten.
Der Berliner Dom (der von Berlin-Besuchern manchmal
für eine Barockkirche gehalten wird), wurde 1849 - 1905 nach
Plänen von Julius Carl Raschdorff als Neubau der ehemaligen
Hof- und Grabkirche der Hohenzollern im Stil des römischen
Barock (Neobarock) erbaut.
Er ist ein Beispiel für einen sehr spät noch rückwärtsgewandten,
frühere Zeiten nachahmenden Baustil im späten 19. Jahrhundert.
Der Berliner Dom wurde mehrfach restauriert und teilrekonstruiert.
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Der Eiffelturm in Paris
ist ein Zeugnis für die Anwendung moderner
Technik im 19. Jahrhundert, entworfen und gebaut
mit dem Blick in die (technische) Zukunft. |
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Neue Technik - alte Stilformen
Eisenbahn Salonwagen |
Zwei Strömungen sind in dieser Zeit des Historismus
erkennbar:
1. Anhänger des Historismus wollten möglichst
"stilrein" entwerfen und bauen. Neoromanische,
neogotische, Neorenaissance-Entwürfe entstanden je nach Geschmack.
Kirchenbauten wurden oft neo-romanisch oder neo-gotisch, machmal
auch neo-barock gebaut; den Renaissance-Stil dagegen verwendete
man gern z.B. für Schulen, Banken, Museen und andere bürgerliche
bzw. profane Bauten.
2. Anhänger des Eklektizismus ( = sammeln
) wollten sich keinem bestimmten Stil unterwerfen
und mischten alle Stile nach Belieben und Geschmack miteinander,
was in der Gründerzeit oftmals zu einem wahren Durcheinander
sämtlicher bis dahin bekannter Stilelemente und Dekorelemente
führte.
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Beispiel für den stilreinen, den antiken Vorbildern
folgenden klassizistischen Historismus:
Die Alte Nationalgalerie in Berlin
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1862-1865 entwirft der Architekt
August Stüler (ein Schüler des klassizistischen
Architekten Karl Friedrich Schinkel) im Auftrag von Friedrich
Wilhelm IV. Pläne für einen antik-klassizistischen
Tempelbau, auf hohem Sockel mit Freitreppe. |
1876 wurde die Nationalgalerie als Museum eröffnet und beherbergte
bedeutende Kunstwerke des 19. Jahrhunderts - nach wechselvoller
Geschichte stellt die Alte Nationalgalerie auch heute wieder Malerei
des 19. Jahrhunderts aus.
Obwohl die Zeitbestimmung eher dem Historismus entspricht; so ist
der Historismus nicht eine völlig neue Stilepoche, sondern
führt den reinen Klassizismus weiter bzw. nimmt später
zunehmend auch alte Stilformen als Neostile ins Repertoire.
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Schloss Babelsberg
erbaut 1833 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel
als Sommersitz für den späteren Kaiser Wilhelm I.
im neogotischen Stil.
Schinkel orientierte sich bei seinem Entwurf am englischen
Tudorstil. |
Schloss Babelsberg gehört der Zeitbestimmung nach noch in
die Zeit des späten Klassizismus !
Die Architekten sehen ihre Aufgabe darin, die "alten"
Stile (die Stile vor dem Klassizismus) wieder zu
beleben.
Sie wählen zum Beispiel für Denkmäler mit Vorliebe
die erhabene antike Form, für Universitäten den romanischen
Stil, für Kirchen den romanischen (frühchristlichen) oder
den gotischen Stil. (Der Weiter- und Ausbau des Kölner Doms
zum Beispiel geschieht in der Zeit von 1842-1880).
Beispiel für den romantischen Eklektizismus innerhalb
des Historismus:
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Schloss Neuschwanstein
- Sinnbild für die Zeit der Romantik
Ab 1869 im Auftrag des Bayrischen Königs
Ludwig II. gebaut. Beim Tod von König Ludwig II. im Jahr
1886 war das Schloss Schwanstein noch nicht
fertiggestellt. |
Schloss Schwanstein ist ein romantisches Schloss
- es wirkt wie eine bewohnte Theaterkulisse und ist eigentlich die
idealisierte Vorstellung einer Ritterburg.
Formen aus Romanik, Gotik (und
byzantinischer Kunst im Inneren des Schlosses) werden miteinander
vermengt.
Der Ausklang des Historismus - die "Gründerzeit"
Für Fachleute ist die "Gründerzeit"
um die Jahrhundertwende von 1900 herum keine Stilepoche;
die nächsten auf diese Zeit der Stilverwirrung
folgende Stilepochen sind Jugendstil, Art Deco und Bauhaus.
Schon um 1850 sieht man bereits Zeichen des Verfalls
und der Stilverwilderung in der Baukunst.
Ein paar Jahrzehnte später werden dann schließlich alle
Stile beliebig an beliebigen Gebäuden eingesetzt; bis man sogar
- wie zum Beispiel an Fassaden von Mietshäusern heute noch
zu sehen ist - auch an einem einzelnen Gebäude die Dekorformen
verschiedener Stile miteinander vermischt.
Überall in Europa werden also die Stilrichtungen der Vergangenheit
auf ihre Wiederverwendbarkeit überprüft, wobei man sich
mit der Zeit immer mehr von einer konsequenten Imitation entfernt
und nur noch willkürlich einzelne Elemente beliebig übernimmt.
Die Stile verschiedener Länder und Perioden überlagern
sich; das Hauptziel ist dabei nur noch der Formenreichtum
und ein schmückender Effekt.
Daneben gibt es aber auch schon das Bemühen, moderne Baustoffe
in anderer, moderner Form zu verarbeiten - zu den traditionellen
Baustoffen (Stein, Ziegel, Holz) kommen Eisen und Stahl sowie Beton
und Stahlbeton neu hinzu.
Kristallpalast London von Joseph Paxton Weltausstellung
1851,
Eiffelturm Weltausstellung 1889 in Paris,
Friedrich Schinkel (klassizistischer Architekt in der Zeit
des Klassizismus) ist einer der ersten Architekten, der bereits
Gusseisen als Baustoff für Tragelemente und Treppenanlagen
verwendet.
und es gibt auch gelungene, durchaus eigenständige Entwürfe
von Qualität unter Verwendung der “alten” Stile
sowie gelungene Nachbauten alter Stile wie zum Beispiel:
1. Votivkirche
Wien von 1879 in Neogotik
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Möbel im Historismus
Möbel - Innenausstattung
Auch hier die gleichen Tendenzen wie im Bauwesen:
Nachahmung historischer Stile bis hin zur Vermischung mehrerer
Stile zusammen mit erfundenem Blumendekor u.v.a. - und
daneben gleichzeitig eine Tendenz zu neuen Materialien und maschineller
Verarbeitung wie z.B. Applikationen (Dekor) in Gusseisen anstelle
von geschnitztem Dekor (sogar Eisenmöbel konnte man in Serie
herstellen, dies setzte sich aber dann doch nicht durch, da diese
Möbel für den "Hausgebrauch" viel zu schwer
waren).
Die Menge der für das aufstrebende Bürgertum gefertigten
Möbel nahm stark zu. Auch das traditionelle Handwerk wurde
dabei in grosser Menge gebraucht. Entwürfe wurden für
das Bürgertum gemacht, nicht mehr in Anlehnung an
höfische Stile, nicht als Nachahmung des Lebensstiles des Adels.
Bei Möbeln kam es mitunter zu besonders grotesken
Stil-Entgleisungen:
Großes Geltungsbedürfnis versuchte man damit
zu befriedigen, dass man sich in der Nachahmung historischer Stilformen
geradezu überbot.
Möbel wurden überladen mit einer Ansammlung der unterschiedlichsten
Stilformen auch bei solchen Möbelstücken, die es in der
nachgeahmten Stilepoche noch gar nicht gegeben hatte. Nicht
mit Stil-Dekoren versehene Möbel galten als nicht wertvoll.
Beliebt war es aber auch, möglichst stilreine Möbel-(Imitationen),
sogenannte Stilmöbel zu fertigen, was durch
Vorlagenbücher von berühmten Möbeltischlern auch
meist recht gut gelang.
Diese Möbelstile wurden nach den betreffenden Möbelbauern
benannt. So sprach man z.B. vom "Chippendale-Stil", "Sheraton-Stil"
usw. › Sheraton Möbel
kaufen
Diese Bezeichnungen für Nachbauten einzelner Möbelentwerfer
sind bis in die heutige Zeit üblich, und auch heute noch kann
man in Möbelhäusern solche Möbel unter der Bezeichnung
"Stilmöbel" kaufen.
englischer Kunstschreiner (1718-1779), entwickelte Thomas Chippendale
aus dem französischen Rokoko einen neuen Möbelstil, der
nach ihm Chippendale-Stil genannt wird und der
seit dem 19. Jahrhundert bis heute noch immer seine Anhänger
hat.
Eine Ausnahme im Möbelbau und ein Beispiel für echte
Innovation schon in sehr früher Zeit war der aus dem Rheinland
stammende Möbeltischler Michael Thonet, der bereits um/ab ca.
1840 Bugholzmöbel fertigte.
Vor allem Stühle ließen sich durch diese neue Technik
der Holzverarbeitung stabil, billig und formschön massenweise
produzieren.
Thonet wollte nicht vornehme und teure Stühle im Zeitgeschmack
bauen, sondern billige und doch formschöne Massenware herstellen.
Er kann somit als ein Gründer der "modernen" Möbelherstellung
angesehen werden. Bis heute noch werden die ursprünglich aus
seiner Werkstatt stammenden berühmten "Wiener
Kaffeehausstühle" gebaut.
Jahresangaben sind immer als ungefähre Angaben zu verstehen,
da ein Stil niemals innerhalb eines Jahres "plötzlich"
entsteht und auch nicht so plötzlich endet. In Zeiten des Übergangs
ergeben sich Mischungen von Stilformen, so dass ein Gebäude
oder ein Möbel durchaus Stilformen verschiedener Epochen tragen
kann. Die hier gezeigten Beispiele zeigen immer nur die typischen
Merkmale einer Stilepoche.
Falls Sie momentan mehr an der praktischen Anwendung
von Stilen und Stilkunde-Kenntnissen interessiert sind, weil Sie
ein eigenes Projekt gestalten möchten, falls Sie kompetente
Hilfe beim Bauen, Einrichten und Ausstatten brauchen, dann finden
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